Wald ist unsere Sache - PM vom 12.03.2018 - Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Hohen Neuendorf

12.03.18 –

Zur Baumfällaktion der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald am Naturschutzturm vom 10. März 2018 

 - von Oliver Jirka - 

Am Samstag rief die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) im Rahmen eines „Umweltaktionstages“ zu einer spektakulären Aktion auf: ein Teil der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Berlin und Hohen Neuendorf, ein kleiner Abschnitt des Mauerstreifens direkt gegenüber des früheren Grenzturmes, wurde gerodet. In den frühen 1990er Jahren waren in einer breit angelegten Aktion 80.000 Bäume als Symbol für das Zusammenwachsen nach der Wiedervereinigung gepflanzt worden – nun wurde auf 20 Metern Breite wieder abgeholzt. Unter einen „Umweltaktionstag“ wäre diese Aktion sicher schwerlich einzuordnen.

Es erscheint zunächst befremdlich, wenn ausgerechnet eine Umweltorganisation dieses Namen 2.000 m² Wald rodet, kümmert sich die SDW doch satzungsgemäß um Naturerhalt und Naturpädagogik. Doch in der nicht zufällig gewählten Lage direkt am ehemaligen Mauerstreifen, in einem umgenutzten ehemaligen Grenzturm, der fast täglich von Radfahrern, Fußgängern und ganzen Schulklassen besucht wird, kann niemand sich der Beschäftigung mit der innerdeutschen Geschichte entziehen. Nicht nur die ältere Generation unter den Mitgliedern der SDW haben diese duale Aufgabe – Naturschutz und Geschichtsbewahrung – stark verinnerlicht, fühlen sich mit beiden Themen sehr eng verbunden. AktivistInnen aller Altersgruppen sind (und waren!) an dieser Aktion beteiligt, nicht einzig die SDW.

1991 – die konsensuale Pflanzaktion zur Schließung der Lücke, zur Heilung der Wunde, die die Mauer in die Kultur der Menschlichkeit gerissen hat. Seitdem - 27 Jahre lang Erinnerungsstelen, Gedenktage, Fotos und Publikationen. Man besuchte den Ort, doch der Raum war auf den ersten Blick nicht sichtbar. 2018 - der durch die Rodung wieder sichtbar gemachte Raum klärt vielleicht die Frage nach der schieren räumlichen Dimension. Doch für sich gesehen fällt die historische Zuordnung, die Erinnerung an den „Mauer-Alltag“, allein durch diese neue „Leerstelle“ auch nicht leicht. Die Gruppe um Helga Garduhn und Marian Przybilla hat mit der Pflanzaktion der 80.000 Bäume und der Nutzung des alten Grenzturms von 1991 eine ganzheitliche Idee verfolgt. Inzwischen ist das eingetreten, was intendiert war – die räumliche Lücke ist durch die inzwischen groß gewachsenen Bäume geschlossen, was manche aus heutiger Sicht beklagen. Verwerflich wäre es, wenn die Baumfällaktion die Kulminierung eines „Gedenkstreits“ zweier rivalisierender Lager darstellte. Davon würden wir uns distanzieren.

Es hätte eine breitere Debatte um die Erinnerungskultur an dieser Stelle geben sollen, allein um solchem Verdacht entgegen zu wirken. Vom ästhetischen Aspekt her hätte es womöglich kreativere Konzepte gegeben, einen Raum oder einen Verlauf von Linien im Wald sichtbar zu machen. Dafür hätten nicht ein paar Hundert Nadelbäume fallen müssen. Muss Erinnerungskultur an diesem Ort ermöglichen, dass man sich auf nur einen (schnellen) Blick eine Vorstellung von dem Inneren des Mauerstreifens machen kann? Da gäbe es manches zu kritisieren. Was aber durch die Aktion der SDW deutlich geworden ist, dass es einen Bedarf an geschichtlichem Diskurs gibt und dass Erinnerungsorte benötigt werden. Das Leben spielt sich eben doch nicht nur im Privaten oder in den sozialen Netzwerken ab. Und wir sind jetzt gespannt auf die weiteren Schritte zur Gestaltung dieses Ortes. Da sollte niemand Vorbehalte haben und niemand darf ausgeschlossen werden. Und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald versteht es, den ökologischen Eingriff an anderer Stelle wieder auszugleichen, zum Beispiel am Herthamoor.

 

Oliver Jirka

Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen in der SVV Hohen Neuendorf

www.gruene-hohen-neuendorf.de

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